Auch nach einem Jahr Pandemie treten in Regensburg wieder Corona- Verharmloser*innen und Anhänger*innen des Querdenken-Milieus in verschiedenen Aktionsformen in Erscheinung, um ihre verschwörungsideologischen Inhalte zu verbreiten. Dabei gibt es inhaltliche und personelle Überschneidungen mit der extremen Rechten. Wir fordern auf, diesen Umtrieben entschieden entgegenzutreten.
Jüngst tun sich dabei insbesondere Protestaktionen wie Autokorsos oder Inszenierungen wie der „Marsch der Schwarzen Wahrheit“ hervor. Wie schon die diversen Proteste, die seit letztem Mai zu beobachten waren, tragen diese nicht zu einem rationalen Diskurs über Sinn und Unsinn einzelner Maßnahmen bei. Vielmehr stellen diese Proteste ein Vehikel für Geschichtsklitterung, antisemitisch konnotierte Verschwörungsnarrative und autoritäre Umsturzfantasien und damit eine Gefahr für das demokratische Zusammenleben dar.
Kein noch so nachvollziehbarer Frust über Corona-Maßnahmen kann rechtfertigen, gefährliche Verschwörungsmythen zu verbreiten oder mit Rechten gemeinsame Sache zu machen. Genau dies ist aber auch bei den jüngsten Protestaktionen zu beobachten gewesen, die sich in Regensburg formiert haben.
Beim sog. „Marsch der Schwarzen Wahrheit“ in der Altstadt treten die Teilnehmenden einheitlich gekleidet mit Maler*innenanzügen, Theatermasken und Schildern um den Hals auf und wollen dadurch die Corona-Maßnahmen als eine Art diktatorische Massenpsychose entlarven. Dort und in entsprechenden Chatforen werden immer wieder Bezüge zum Nationalsozialismus hergestellt. Durch eine solche Gleichsetzung der aktuellen Maßnahmen zum Schutz von Menschenleben mit der NS-Diktatur relativieren sie die Verbrechen des Nationalsozialismus und verhöhnen dessen Opfer.
Bei den Autokorsos, die sich in den letzten Wochen wiederholt durch Regensburg gebahnt haben, waren Aufschriften wie „Stopp Plandemie“ oder „Nein zum Great Reset“ auf Fahrzeugen zu lesen. Diese suggerieren, finstere Eliten hätten die Corona-Krise inszeniert, um sich einen Vorteil zu verschaffen, und knüpfen damit kaum verhohlen an antisemitische Verschwörungserzählungen an, die sich seit jeher in Gewalt gegen Jüdinnen und Juden Bahn brechen. Ein solches Denken bildete auch den Nährboden für Terrorakte wie die in Halle, Hanau oder Christchurch. Ebenso finden sich in entsprechenden Social-Media-Kanälen Verweise auf die sogenannte QAnon-Bewegung. Diese fantasiert eine global operierende Verschwörung von Eliten zur Gewinnung von Verjüngungselixieren herbei, die an die antijüdische Ritualmordlegende erinnert. Es gilt, diese Kontinuitäten aufzuzeigen und Antisemitismus jeglicher Couleur konsequent zu bekämpfen – nicht nur, aber besonders in einem Jahr, in dem „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ feierlich begangen werden.
Wie schon in vorherigen Aufmärschen grenzen sich die Organisator*innen der jüngsten Aktionen zudem nur vordergründig von der extremen Rechten ab. Vielmehr bieten sie ein Sprachrohr für deren einschlägig bekannte Vertreter*innen in der Region. So treten auch in Regensburg immer wieder Politiker der AfD im Zusammenhang mit den Aktionsformen in Erscheinung. Tatsächlich sind das Geschichtsbild oder die Geringschätzung menschlichen Lebens durch die Verschwörungsgläubigen anschlussfähig für die Ideologie der extremen Rechten. Beide Milieus überschneiden sich auch in der Ablehnung demokratischer Prozesse, und geben sich stattdessen autoritären Umsturzfantasien hin. So wähnte sich ein Teilnehmer des Autokorsos in einem Interview mit einem örtlichen TV-Sender in einer „Diktatur“ und forderte, die aktuelle Regierung „auf die Seite zu schaffen“, ein kaum verklausulierter Aufruf zur Gewalt gegen Politiker*innen.
Anhänger*innen der Corona-Proteste projizieren aus einer vermeintlichen Position der Aufgeklärtheit heraus ihre eigene Irrationalität auf den Großteil der Bevölkerung, der sich der Gefahr unkontrollierter Verbreitung des Virus bewusst ist und sich zum Eigenschutz und aus Solidarität an die Maßnahmen hält. Sie übertönen und diskreditieren damit auch all jene Stimmen, die an sozialen, psychischen oder wirtschaftlichen Folgen von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen leiden und ihrer rationalen, fundierten Kritik an Maßnahmen Gehör verschaffen wollen.
Die Affinität gewisser Teile der Gesellschaft für Verschwörungsdenken, das in menschenverachtende Ideologien umschlagen kann, wurde durch Corona offensichtlich. Auch wenn ein Ende der Pandemie absehbar wird gilt es, weiterhin entschlossen für Solidarität und gegen Verschwörungswahn einzustehen.
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